Reisebericht: Montreal

Mit dem Zug nach Montreal

Ausblick vom Mont Royal auf die Skyline von Montreal
Ausblick vom Mont Royal auf die Skyline von Montreal

Nachdem ich die ersten Tage meiner Reise durch Kanada in Bouctouche verbracht habe, geht es mit Beginn der zweiten Woche dann erstmal für sechs Tage zurück ins hektischere Stadtleben - nach Montreal, eine Knapp 900 Kilometer liegen von Bouctouche aus vor mir und ich habe mich bewusst gegen einen Inlandsflug entschieden. Weil es in Kanada aber keine Hochgeschwindigkeitszüge gibt und ich mir kein Auto leihen wollte, bedeutet das 20 Stunden Zugfahrt mitten durch die Landschaft Kanada‘s. Könnte schlimmer sein!

Mit dem vermutlich längsten Zug, den ich in meinem Leben gesehen habe, ist die Fahrt von Moncton, der nächstgrößeren Stadt bei Bouctouche mit einem Bahnhof, bis nach Montreal aber mehr als erträglich. Die Abteile sind nicht überfüllt und sowohl das Personal als auch die anderen Passagiere sind mal wieder sehr freundlich. Während der Fahrt durch die endlos lange Natur lerne ich die Familie des kanadischen Eishockeyspielers Zach Sill kennen, der kurz zuvor zu den Kölner Haien gewechselt ist und seitdem in Köln spielt. So klein ist die Welt. Als ich in der Nacht nicht schlafen kann, lerne ich im Speisewagen noch ein paar Kanadier kennen, mit denen ich mich mehrere Stunden unterhalten habe. Mit Schlaf war dann nicht mehr so viel. Die in Kanada besonders aktiven Klimaanlagen waren mir sowieso zu unangenehm, um zur Ruhe zu kommen.

Was mir aber auf jedem Fall im Kopf bleibt, ist der stundenlange Blick aus dem Fenster auf die Landschaft. Nur selten mal ein kurzer Halt in einem der kleinen Orte, die auf dem Weg in die größte Stadt der Provinz Quebéc liegen. Manche Bahnhöfe sind so klein, dass der Zug mehrmals vorfahren muss, damit auch die hinteren Wagen am Gleis stehen können. Ansonsten prägen Wasserfälle, Seen und einige Bauernhöfe das Landschaftsbild. Und natürlich Bäume. Sehr viele Bäume. Perfekt zum Sonnenaufgang fahren wir an einigen größeren Wasserfällen vorbei, die von der aufsteigenden Sonne perfekt ins Licht gerückt werden, und durchqueren die Stadt Quebéc City.

Guten Morgen, Montreal!

Gegen Vormittag bin ich dann in Montreal angekommen. Die Stadt selbst liegt am Sankt-Lorenz-Strom und lädt mit einer schönen Altstadt, dem Mont Royal, vielen schönen Kirchen und Plätzen, dem Olympischen Park und vielem mehr nicht nur zum Sightseeing, sondern auch zur Entspannung ein. Dazu aber gleich noch mehr.

Sankt-Lorenz-Strom in Montreal
Sankt-Lorenz-Strom in Montreal

Schon der erste Eindruck von Montreal hat mich fasziniert. Der Sankt-Lorenz-Strom ist wirklich riesig, nichts im Vergleich zum Rhein bei mir in Köln. Wie breit der Fluss bei Montreal ist, habe ich nicht genau herausgefunden. Weiter östlich weitet sich der Sankt-Lorenz aber schnell auf bis zu 30 Kilometer Breite aus, bevor er im Sankt-Lorenz-Golf mündet.

Als erstes habe ich mir ein Wochenticket für die Metro besorgt, die überwiegend unterirdisch fährt, und bin in Richtung Hotel gefahren. Bahnfahren ist hier auf jeden Fall billiger, als in Deutschland. Mein Hotel, das Hotel Bon Soleil, liegt zwischen den Stadtteilen Saint-Henri und Griffintown unweit der Altstadt, war aber ein völliger Reinfall. Gut, dass ich nur zum Schlafen hier bin.

Was schnell auffällt, sind die vielen Parks in Montreal. An jeder zweiten Ecke findet man einen kleinen mit öffentlichen Trinkbrunnen – sehr cool im Sommer! Grünflächen sind wirklich überall. Natürlich ist es kein Vergleich zu Bouctouche, wo alles nochmal kleiner, familiärer und übersichtlicher ist, aber es erinnert nicht ganz so sehr an das Großstadtleben, das ich aus Deutschland gewohnt bin.

Montreal's Sehenswürdigkeiten

Am zweiten Tag bin ich auf Erkundungstour durch Montreal gegangen, um die Stadt ein bisschen zu sehen und mich ein bisschen orientieren zu können. Überwiegend mit der Metro. In der Stadt gibt es neben netten Läden, Cafes und begrünten Plätzen auch viele schöne Kirchen zu entdecken. Eine davon ist Notre-Dame de Montréal, mit die bekannteste Sehenswürdigkeit Montreal's. Die Basilika aus dem 19. Jahrhundert steht nur unweit vom Hafen in der Altstadt, der Vieux-Montreal, und beeindruckt mit ihrer künstlerischen Decke und dem imposanten Altarraum.

Notre-Dame de Montréal
Notre-Dame de Montréal

Abends gab es dann schon etwas Kultur: Im Rahmen von Shakespeare-in-the-Parc hat das Repercussion Theatre die Shakespeare-Komödie „Maß für Maß“ unter freiem Himmel aufgeführt. Das Stück handelt von Recht, Macht und Korruption und spielt in Wien – eine sehr interessante Story, schön inszeniert und auf alle Fälle selbst für einen Kulturbanausen wie mich ein toller und lustiger Abend.

Place du Canada und Montreal Canadiens

Nächster Stopp war der Place du Canada mitten in Downtown Montreal. Umgeben von zahlreichen Hochhäusern steht hier eine der vielen für die Stadt typischen und schönen Kirchen. Später ging es weiter zum Bell Centre, der Arena der Montreal Canadiens. Der Verein ist mit 24 Titeln – der letzte aus dem Jahr 1993 - Rekordmeister der amerikanisch-kanadischen Eishockeyliga NHL und für mich schon lange ein sympathischer Klub, dessen Spiele ich auch in Deutschland verfolgt habe.

Stanley Cups des Eishockeyteams Montreal Canadiens
Stanley Cups des Eishockeyteams Montreal Canadiens

Daher habe ich mich für eine Arena-Führung angemeldet, die ich jedem Sportfan, der in Montreal zu Gast ist, wärmstens empfehlen kann. Der Tour-Guide war sehr lustig drauf und hat erstmal nach den Lieblingsverein aller Teilnehmer gefragt, bevor es über die Tribüne inklusive Logen, die Pressetribüne, die als eine Art Rundgang direkt unter dem Dach hängt, bis in die Kabine der Montreal Canadiens ging. Zu guter Letzt durften wir noch einen kurzen Blick in die Canadiens‘ Hall of Fame werfen. Bei so viel Tradition ist es wohl kein Wunder, dass die Montreal Canadiens einmal 550 ausverkaufte Spiele in Folge hatten. Go Habs!

Poutine im Parc Olympique

Sehr zu empfehlen ist auch ein Besuch im Botanischen Garten, sowie im Olympischen Park – dem Parc Olympique - nördlich der Innenstadt. Im Herzen dessen steht das Olympiastadion mit dem direkt an das Stadion gebauten Montreal Tower, der mit 175 Metern höchste geneigte Turm der Welt. Doch der Parc Olympique hat mit seinen zahlreichen Sportanlagen noch deutlich mehr zu bieten. Er ist auch für Spaziergänger perfekt geeignet und ist dank seiner Vielseitigkeit eine der in meinen Augen interessantesten Sehenswürdigkeiten in Montreal.

Olympiastadion und Montreal Tower
Olympiastadion und Montreal Tower

Hier habe ich auch das erste Mal Poutine probiert, neben Pancakes vermutlich die bekannteste kanadische Spezialität: Pommes frites mit cheese curds (dt.: Käsebruch) und Bratensauce. In Deutschland kriegt man Poutine leider nur schwer nachgemacht, da die klassisch-kanadischen cheese curds hier nicht zu bekommen sind. Auch viele Läden, die Poutine anbieten, servieren oftmals leichte Abwandlungen des Originals. Wer mit viel Aufwand trotzdem das Original ausprobieren will, kann vielleicht hier fündig werden. Alternativ kann man aber auch Cheddar, Mozzarella oder Halloumi-Käse verwenden. Im Planetarium, das auch im Parc Olympique liegt, habe ich mir dann zwei Dokumentationen und eine Ausstellung über die Mondlandung angeschaut.

Fußball in Montreal

Ein weiteres Highlight war der Besuch eines Fußballspiels der Montreal Impact (heute: CF Montreal). Als ich mir mein Ticket in der Geschäftsstelle des Vereins besorgt habe, durfte ich einmal mehr diese typisch kanadische Freundlichkeit spüren, die einen wirklich die ganze Zeit begleitet. Der Verkäufer hat sich über eine halbe Stunde Zeit genommen, mir den besten Platz für das angesagte Wetter auszusuchen und mir ein bisschen was über den Klub zu erzählen.

Das Spiel der Montreal Impact gegen den Tabellenführer Philadelphia Union ist an einem Sonntagabend. Erst mit Sonnenuntergang hinter der Tribüne, später dann unter Flutlicht. Fußballherz, was willst du mehr? Trotz Außenseiterrolle gewinnt mit Montreal das Spiel mit 4-0 und das Stade de Saputo verwandelt sich in einen wahren Hexenkessel. Man muss allerdings sagen, dass die Stadionatmosphäre sehr unterschiedlich zu der in deutschen Stadien ist. Aber sie fasziniert auf eine andere Art und Weise und ich habe schnell mit den Montreal-Fans um mich herum mitgefiebert. Es hat auch nicht lange gedauert und ich habe mich mit einer kleinen Gruppe angefreundet, die schon lange zu den Montreal Impact gehen. Nach dem Schlusspfiff ist die Euphorie im ganzen Stadion spürbar, bis eine halbe Stunde nach Abpfiff feiern die Fans – fast alle sind noch da geblieben – ihre Mannschaft.

Stade Saputo: Montreal Canadiens gegen Philadelphia Union
Stade Saputo: Montreal Canadiens gegen Philadelphia Union

Da Montreal auch einige schöne Kneipen zu bieten hat, sollten diese im Anschluss an das Spiel noch mit meinen neuen Freunden aus dem Stadion getestet werden. Das Bier hier hat einen ungewohnt bitteren, aber leckeren Geschmack. Angetan hat es mir dann das Brauhaus „Les 3 Brasseurs“, in dem wir den Rest des Abends haben ausklingen lassen. Mehr dazu könnt ihr übrigens bei Mats' Bierblog lesen.

Der Mont Royal – Namensgeber Montreal‘s

Zu guter Letzt steht noch der Mont Royal – auf deutsch „Der heilige Berg“ - auf der Liste. Der Berg ist Namensgeber der Stadt Montreal und somit eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, die auf eurer To-Do-Liste in Montreal auftauchen sollten. Der Mont Royal steht mitten im Stadtbild auf dem Island of Montreal, der Insel im Sankt-Lorenz-Strom, auf welcher Montreal entstanden ist. Bis man mit dem Bus einmal oben angekommen ist, dauert es zwar ein bisschen, aber es lohnt sich! Auf der Aussichtsplattform hat man einen schönen, weiten Blick über Montreal und das Umland, aber auch die einzelnen Seen und kleineren Wälder auf dem Weg zum Gipfel, der in einer Höhe von 233 Metern liegt, sind ein schönes Fleckchen mitten in der Stadt.

Dann ist es aber auch schon Zeit für die Rückfahrt nach Moncton und Bouctouche. Die Abfahrt hält dann noch eine Überraschung bereit: Weil die kanadischen Züge so lang sind und die Gleise nur einen Abgang für Passagiere haben, muss ich auf dem Gleis knapp sieben Minuten bis zu meinem Abteil laufen. Für europäische Touristen sicherlich ungewohnt, aber auch eine lustige Erfahrung. Insgesamt waren die beiden Fahrten mit dem Renaissance-artigen Zug quer durch den kanadischen Osten auf jeden Fall ein schönes Erlebnis.